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Uraufführung am Staatstheater Oldenburg
Miriam V. Leschs Stück WALD wurde am 28.09.2024 in Oldenburg unter der Regie von Milena Paulovics uraufgeführt. Lesch skizziert hier die Rückeroberung Europas durch den Wald. Nicht nur Bäume schlagen ihre Wurzeln überall in den urbanen Zentren, auch andere Waldgewächse, Pilze und Kleinstlebewesen breiten sich aus und bahnen sich unaufhaltsam ihren Weg in den Unterbau der Städte. Miriam V. Lesch gibt der Naturwelt eine ungewohnte Präsenz und eine eigene, konkrete Stimme. In einer fiktiven Zukunft, in der die Natur ihren Platz beansprucht, rückt der Wald aus dem Hintergrund in die absolute Sichtbarkeit. Das Stück schafft auf kluge und humorvolle Weise einen Perspektivwechsel, der einen neuen Blick auf das Verhältnis von Mensch und Natur ermöglicht. Auf der Seite des Staatstheaters Oldenburg können Sie eine hervorragende dramaturgische Einführung in das Stück hören oder einen Trailer ansehen.
"In fantastischen Kostümen treten Bäume und Pilze auf, miteinander tanzende Symbionten, und verbalisieren, wer gerade an ihnen herumkrabbelt und was sie sonst so treiben. […] Das Ensemble widmet sich liebevoll seinen Rollen, jede Szene ist zauberhaft bebildert", schreibt Jens Fischer in der taz (25.10.2024) und lobt die "performativen Möglichkeiten der [Text]vorlage." "Ein Käfer flattert, Bambi schlendert durchs Szenario, Cäsar und Plinius suchen ihre einst für die Ewigkeit angelegten Straßen und finden nur Relikte", so Fischer weiter: "Denn wie einst Friedensreich Hundertwasser träumt die Autorin von einer Verwaldung der Stadt." Darin, so Fischer, wüchsen Pflanzen "grenzenlos, überwuchern Gärten, Häuser, Städte, ganz Europa. Was Regisseurin Milena Paulovics nicht beklemmend als Apokalypse erzählt, sondern entspannend wie eine Erlösung."
"Was Bäume miteinander zu bereden haben, wurde in der deutschen Lyrik - gern unter Zuhilfenahme säuselnder Winde - mit romantischem Geplauder umschrieben. Dass es aber auch ein knallharter und zugleich poetischer Photosynthese-Talk sein kann, ist nun in dem Theaterstück Wald zu erleben." So beschreibt Dennis Schrimper in der Nordwestzeitung seinen Eindruck von der Premiere. Das Stück lege mehrere Paradigmen offen: "Ordnungsliebe, Formalismus, Kapitalismus, Vormachtdenken. Sie alle sind wirkungslos gegenüber der Natur, die nicht menschengemachte Einfriedungen oder Pflastersteine beachtet, sondern ganz existentiellen Faktoren wie Wasser, Licht und Nährstoffen folgt."
"Das Schauspiel, in dem sich Leichtigkeit und Inhaltsschwere die Waage halten, widersetzt sich einer Genreeinordnung", so der Kritiker. Manche Szenen seien eher plakativ, andere poetisch hoffnungsvoll und leise. Es sind urkomische, aber auch leise Situationen, die Paulovics mit den Schauspielerinnen und Schauspielern entwickelt hat. Leschs Textvorlage – frei von Regieanweisungen – bietet dabei beste Voraussetzungen für ein (...) originelles Ensemblestück. Das Besondere: Nur die Kettensäge wird geschwunden, nicht, oder kaum, die Moralkeule. Die Botschaft bleibt erfrischend subtil. « (NWZ, 29.09.2024)