Neuheiten Bühne
DES ZÄHMERS ZÄHMUNG
Frei zur DSE (erste vollständige Übersetzung) | Stück 5D-8H (plus Statisterie) - Wechseldek. UA: ca. 1609-1611, Whitefriars Theatre London |
Inhalt
John Fletchers Stück DES ZÄHMERS ZÄHMUNG ist eine respektlose und äußerst witzige Fortsetzung - oder eher ein Gegenstück - zu Shakespeares DER WIDERSPENSTIGEN ZÄHMUNG, das Fletcher 20 Jahre nach dem Shakespeare-Text schrieb.
Bei Fletcher ist Katharina nach einer stürmischen Ehe, in der sie offenbar nie gezähmt wurde, gestorben. Petruchio heiratet nun erneut und ist überzeugt, sich diesmal mit Katharinas Cousine Maria eine gehorsame Ehefrau zuzulegen. Maria jedoch hat ganz andere Vorstellungen und beschließt, Petruchio eine Kostprobe seiner eigenen Medizin zu geben: Nun ist es der Mann, der gezähmt werden soll.
Bis dies nicht geschehen ist, verweigert seine Braut den Vollzug der Ehe in der Hochzeitsnacht und bringt weitere Frauen Londons dazu, sich ihr anzuschließen, ein Motiv, das an Aristophanes’ LYSISTRATA erinnert. Auch Marias Cousine Livia, die sich der geplanten Ehe mit einem viel älteren Mann widersetzen will, stößt dazu. Die Frauen verbarrikadieren sich mit Vorräten im oberen Stockwerk von Marias Haus, sehr zum Missfallen ihrer Ehemänner unten. Ihnen bleibt nur, riesige Wetten auf ihre sexuelle Potenz und Macht abzuschließen - die sie dann sukzessive verlieren.
Maria und ihre Freundinnen dominieren das Stück mit ihren Tricks und Schachzügen, jede Reaktion der Männer wird gekontert, übertrumpft oder läuft ins Leere. Nicht einmal, als Petruchio sich krank oder tot stellt, kommt er gegen Maria an. Sobald er, "gezähmt", einsieht, dass er von seiner Machtposition Abstand nehmen muss, kann Maria ihn als Ehemann akzeptieren. Nach außen hin ist die Institution der Ehe damit wieder eingesetzt; aber durch die vorangegangene Zähmung ist offensichtlich, dass es sich hier um eine Verbindung zweier gleichwertiger Partner handelt.
Das proto-feministische Stück mit seinem Fokus auf Geschlechterrollen und strukturelle sowie ganz buchstäbliche Gewalt gegen Frauen (vor allem in der Ehe) ist eine kleine Sensation. Es liegt hiermit erstmals in einer vollständigen deutschen Übersetzung vor, basierend auf den modernen Editionen des Originaltextes (Daileader/Taylor 2006 bzw. Munro 2010).
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