Inhalt
Spira ist tot, hat sich wegen ner Tussi aufgehängt. Der Sarg muss mit dem Kran aus dem fünften Stock gehoben werden, er passt nicht durch die Tür. Die blecherne Trauermusik leiert und endet abrupt: das Band ist gerissen.
Maxims Leben ist eine albtraumhafte Reise entlang dem untersten Ende einer verrohten Gesellschaft, der der Respekt vor sich selbst abhanden gekommen ist. Die würdelose Beerdigung des Schulfreundes ist noch das Harmloseste, was der junge Russe in einer Welt aus Dreck, Nutten, Sadisten, Tod und Vergewaltigung erleben muss, in der eine im Treppenhaus genagelte Ische und eine "Malbaro" im Anschluss das kurze Glück bedeuten.
Wassilij Sigarew kennt keine Heiligtümer mehr. Maxim schon. SIE. Eine Lichtgestalt in Weiß umgeben von Dreck, ein Versprechen der Liebe inmitten menschlicher Höllen. Ebenso wie der tote Spira erscheint auch sie dem Zurückgebliebenen als Symbol für eine bessere Welt, gerade einmal lang genug, um vor dem nächsten Schrecken durchzuatmen.
SIE bleibt so unerreichbar wie der tote Freund.
In kraftvollen Bildern beschreibt der erst 26-jährige Autor die namenlosen menschlichen Tragödien seines Landes. Seine Figuren sind Klischee und Original in einem, getränkt in Alkohol und von diesem betäubt, zugleich fremd und vertraut. Gemeinsam sind ihnen die seelischen Verkrüppelungen: junge Mädchen als seltsame Mischwesen aus Frau und Prostituierter, Männer in Uniform, vor denen man Angst haben muss, Lehrerinnen mit Nuttenjargon und prügelnde Brautpaare, deren weiße Hochzeitsschuhe blaue Flecken auf Maxims Rücken hinterlassen.
Wassilij Sigarew gibt einen bedrückenden und unbekümmert gnadenlosen Einblick in das düstere Leben des jungen Maxim. Seine Reise durch die Untiefen des modernen russischen Alltags wird zum Horrortrip, der durch seine Fremdartigkeit neugierig macht und uns in einer trügerischen Sicherheit wiegt, um dann umso heftiger durch die Erkenntnis zu schockieren, dass uns diese Lebensrealität viel näher ist, als wir zunächst annahmen.
Die englische Erstaufführung von PLASTILIN am Londoner Royal-Court wurde von Publikum und Presse begeistert aufgenommen, bei Nick Hern Books ist eine Buchausgabe mit dem englischen Text erschienen. Die russische Produktion des Stückes war auf der Bonner Biennale 2002 zu sehen, die Aufführung wurde live von ARTE übertragen. Das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg hat PLASTILIN am 10.10.2002 zur Deutschsprachigen Erstaufführung gebracht.
"Plastilin bezeichnet den vorläufigen Höhepunkt der neuen russischen Dramatik, die Sprache nicht mehr erfindet, vielmehr mit dem Mikrophon der Wirklichkeit ablauscht." (Frankfurter Rundschau)
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Autor
1977 in Werchnjaja Salda am Ostrand des Ural geboren, studierte erst Sozialpädagogik und dann Dramaturgie. 2002 wurde ihm durch sein Stück „Plastilin“ internationale Aufmerksamkeit zuteil. Der Spielfilm ...