Inhalt

Vier Schauspieler zusammengequetscht auf einer kleinen Couch. Über ihnen werden Plakate von „Märtyrern“, gefallenen Kämpfern oder Politikern, eingeblendet, wie sie in Beirut seit Bürgerkriegszeiten typischerweise die Straßen rahmten.
So wie durch diese Plakate die Toten immer wieder ungefiltert ins Leben jedes Passanten eindrangen, schieben sich im Stück immer wieder unterschiedliche Identitäten in den Vordergrund. Die Figuren wechseln ohne Ankündigung die Seiten, widersprechen sich, sind abwechselnd Vertreter diverser religiöser und politischer Gruppierungen, sie kämpfen in unterschiedlichen Konstellationen gegeneinander und sterben - nur um bald darauf wieder aufzuerstehen und neue Fronten zu bilden.
Am Ende bleibt der Eindruck eines endlosen, beinah absurden Kampfes.

Im Mittelpunkt steht die universelle Frage, inwiefern persönliches Gedächtnis und offizielle Geschichtsschreibung sich überhaupt vereinen lassen und, vor allem, wie man generell von Erinnerung erzählen und diese künstlerisch vermitteln kann.

Die Aufführung von "How Nancy wished that everything was an April fool's joke" 2007 in Beirut wurde erst verboten, schliesslich aber, auf Druck der Presse doch erlaubt.

Rabih Mroué äußerte sich über das Stück folgendermaßen: "From the start of the civil war in 1975 and until today, Lebanon’s walls have been covered with posters that show the images of the dead among fighters and political leaders. Recently, with the series of assassinations that began in 2005, these images began re-appearing intensely, to the point where avoiding their sight became impossible. We look at the hanging faces and the hanging faces look at us, wherever you are the encounter is certain. The dead here do not leave, or more truthfully the inhabitants of the city refused to allow those murdered to go on their way, and they buried them home. The realms of the living and the dead intermingled. The cemetery is inside the house and the coffin lids are open. The dead fill time and space with their comings and goings. And the dead began to live within us: Bashir Gemayel lives within us and Kamal Jumblatt lives within us and Rafik Hariri did not die but stays within us, and Imam al Sadr and all the fighters of the national and Islamic and Lebanese and Arab resistance etc…. Everyone killed is alive in his/her community. And communities speak for their dead. We can no longer differentiate between the words of the dead and the words of the living. It’s as if the weapons of a community are its slain and its dead.
Is there some means to convince the city dwellers to bury their dead far from the city and their living spaces, and to allow them to journey on peacefully and in quietude? The dead don’t die because the livings have not yet matured enough to withstand living without a father even he was a lifeless corpse."



Auszug aus Christopher Schmidts Text "Grenzgänger zwischen den Künsten und Sparten" über Lina Saneh und Rabih Mroué in der Zeitschrift "Sprache im technischen Zeitalter“, Dez. 2011:

Den rabenschwarzen Humor, der eine Konstante im Werk des Künstler-Duos ist, hat Rabih Mroué in 'How Nancy wished that Everything was an April Fool’s Joke' gemeinsam mit seinem Ko-Autor Fadi Toufiq auf die Spitze getrieben. Das Stück erzählt die Geschichte des Libanons vom Ausbruch des ersten Bürgerkrieges bis heute im Schnelldurchlauf. Vier Schauspieler, wieder unter ihren realen Namen, berichten, wie sie sich in unterschiedlichen Gruppierungen politisch organisieren, um schon bald im bewaffneten Kampf zu sterben. Doch der Tod ist hier nur ein Wort. Kaum gefallen, rappeln sie sich wieder auf und stürzen sich erneut ins Gefecht. Durch den ebenso einfachen wie wirkungsvollen Kunstgriff, aus den Figuren Untote zu machen, beschleunigte Figuren aus einem Grusel-Comic im Zeitraffer, veranschaulicht das Stück eindrücklich den Kreislauf der sinnlosen Gewalt und führt die Konflikte, die das Land von innen zerstören, ebenso ad absurdum wie jedes heroische Pathos. Ein einziges Motiv wird sinnfällig gemacht, auf grausig-komische Weise: der Brudermord in einem Land.

Zu diesem Stück gibt es eine PDF-Datei
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Autor

Rabih Mroué

Rabih Mroué wurde 1967 in Beirut geboren. Er ist Schauspieler, Performer, Künstler, Regisseur und Autor sowie Contributing Editor bei THE DRAMA REVIEW, einer der wichtigsten Zeitschriften für Theater ...