Inhalt

In einer Waschküche, zwischen Bettlaken und Wäschekörben, probt die pensionierte Lehrerin Liselotte mit ihrer Laientheatergruppe den Wilhelm Tell. Doch so richtig in Fahrt will das Ensemble nicht kommen: Leo, der die wichtige Antagonisten-Rolle besetzen sollte, hat sich nach Thailand abgesetzt, Bauerssohn Enzo geht mit seinen Nachwuchsschauspieler-Allüren allen gehörig auf die Nerven, und die feministische Maxi bricht ständig Grundsatzdiskussionen vom Zaun. So, wie er ist – xenophob und vaterlandsbesoffen – kann der Tell nicht bleiben, findet sie. Er braucht eine Modernisierung! Der bürgerlich-konservativen Liselotte geht diese Idee ziemlich gegen den Strich – warum muss heutzutage eigentlich immer alles hinterfragt werden? Die leisetreterische deutsche Yogalehrerin Jasmine will derweil nur eins: Vorzeigeschweizerin werden, um endlich den Einbürgerungstest zu bestehen. Und dann platzt auch noch Enzos Mutter Antonella regelmäßig in die Proben: Sie hält nichts von den Theaterambitionen ihres Sohnes, lieber soll er die Schweinezucht des Vaters übernehmen. Doch als unvermittelt die ganze Aufführung auf dem Spiel steht, ist es ausgerechnet Antonella, die das Ruder noch einmal herumreißt.

Gornayas neues Auftragswerk für das Theater an der Effingerstrasse ist vieles: Liebevoll parodistische Tell-Hommage, fein beobachtete Gesellschaftskomödie und auch Kritikstück, das die historischen Erzählungen der Schweizer*innen über sich selbst aufs Korn nimmt. Generationenübergreifend umkreist Tell dabei die Frage, wer wo und warum dazugehört – und wie der Mut zur Selbstbestimmung überholte Verpflichtungen auflösen kann, die mit diesen Zugehörigkeiten verknüpft sind.

Autor

Gornaya

Gornaya, deren künstlerische Wurzeln in Riga liegen, ist in der Nähe von Basel aufgewachsen. Nach der Erlangung der Matura nahm sie in Basel das Studium der Germanistik und Geschichte auf. Mit 23 Jahren zog sie nach ...