Inhalt
"Verantwortung heißt keine Ausrede" und "Solidarität heißt zupacken" und "Verzeihen heißt vergessen." So steht es im Katalog, der das Leben in dem kleinen Örtchen Ammen regelt. Das Gutmenschentum wurde per Dekret verordnet. Denn ein rabenschwarzer Fleck trübt die Vergangenheit dieses Mikrokosmos. Die "Papierlosen" sind damals einer Feuerstat zum Opfer gefallen.
Keno, Freund der hinterhältigen Täter, aber unbeteiligt, kehrt einige Jahre später nach Ammen zurück und findet den Ort völlig verändert. Er versteht die bizarren Regeln nicht, nach denen das Leben hier nun funktioniert. Ein ominöser Verhaltenskodex wird befolgt, Komitees verurteilen Männer zum Tode, die ihre Frauen schlagen, die Disco ist verwaist, keine Vergnügungen mehr. Nur schwer halten einige Einwohner ihre rechte Gesinnung unter dem Deckel, geben scheinheilig die Linientreuen in der verstaatlichten Sündlosigkeit. Doch das neue System, das wird bald klar, ist trotz allem ein totalitäres Regime, auch wenn es das Allerbeste zum Ziel hat. Ein Ort, der wiederum nichts als Unrecht gebiert.
Daniel Goetsch ist zweifellos ein neues, erstaunliches schweizer Talent. Die Fragen von Schuld und Verstrickung, von der Zwangsläufigkeit menschlicher Untaten und von der Trivialität der Vernichtung werden in diesem Stück mit leichter Federführung beinahe beiläufig behandelt, Antworten vermieden. Goetsch hat eine präzise Studie der (Un-)Menschen verfasst, die vieldeutig ist und vor allem dadurch frappiert, dass keinerlei ereignisnahe Betroffenheit den Blick verstellt. AMMEN hat das Zeug zur Nachfolge von BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER.
Autor
Daniel Goetsch, 1968 in Zürich geboren, Studium der Rechtswissenschaft, lebt in Berlin.
Seit 1995 diverse Veröffentlichungen, u.a. die Romane Aspartam (1999), ...