Inhalt
»Wie immer bei Marthaler beginnt es mit dem Staunen über Anna Viebrocks Bühnenbild, diesmal eine riesige Halle mit Kamin und straßenbreitem Luftschacht, rechts eine mächtige gepolsterte Tür, die zum ›Zaal B.‹ führt, links sieht’s nach Gare Centrale aus, und im Obergeschoß hängt eine Drehschiene, wie man sie von chemischen Reinigungen kennt, nur daß hier ausrangierte Tutus ihre Flügel hängen lassen. Es ist eine Mischung aus schottischem Landhaus, Gefängnis und Schulaula, einer jener magischen großartigen Viebrock-Räume, die Leben atmen und Geheimnis, voller Klang und Geschichte sind und von traumklarer Nicht-Logik. Hier kann man Wendeltreppen hochsteigen bis in den Himmel, und jeder Schritt hallt anders, man kann im Kamin spazieren gehen oder den vorbeiratternden Zug belauern, der funkelt und strahlt und in dem vielleicht der liebe Gott sitzt. Im Raum lungern sechs Marthaler-Menschen, ungeschickt und böse, traurig, rührend und lächerlich, man glaubt, sie zu kennen, doch dann sind sie ganz anders – eine verwirrte Familie, bei der man nie kapiert, wer Vater, Mutter, Onkel oder Tochter ist. Nur so viel wird klar: Alle hassen sich von Herzen und jeder birgt ein Geheimnis. Also singen sie zusammen, schlafen ein bißchen, träumen ein bißchen, hängen der Vergangenheit nach und fallen plötzlich übereinander her, körperlich oder intellektuell. Mireille Mathieu spielt eine gewisse Rolle und der pompös häßliche Brüsseler Justizpalast, Urteile werden verkündet und aufgehoben, und ›wenn man bedenkt, daß es nur eine unbefleckte Empfängnis gegeben hat und alle anderen befleckt waren, dann kann man die Menschen ein bißchen besser verstehen.‹« (Theater heute)»Wie immer bei Marthaler beginnt es mit dem Staunen über Anna Viebrocks Bühnenbild, diesmal eine riesige Halle mit Kamin und straßenbreitem Luftschacht, rechts eine mächtige gepolsterte Tür, die zum ›Zaal B.‹ führt, links sieht’s nach Gare Centrale aus, und im Obergeschoß hängt eine Drehschiene, wie man sie von chemischen Reinigungen kennt, nur daß hier ausrangierte Tutus ihre Flügel hängen lassen. Es ist eine Mischung aus schottischem Landhaus, Gefängnis und Schulaula, einer jener magischen großartigen Viebrock-Räume, die Leben atmen und Geheimnis, voller Klang und Geschichte sind und von traumklarer Nicht-Logik. Hier kann man Wendeltreppen hochsteigen bis in den Himmel, und jeder Schritt hallt anders, man kann im Kamin spazieren gehen oder den vorbeiratternden Zug belauern, der funkelt und strahlt und in dem vielleicht der liebe Gott sitzt. Im Raum lungern sechs Marthaler-Menschen, ungeschickt und böse, traurig, rührend und lächerlich, man glaubt, sie zu kennen, doch dann sind sie ganz anders – eine verwirrte Familie, bei der man nie kapiert, wer Vater, Mutter, Onkel oder Tochter ist. Nur so viel wird klar: Alle hassen sich von Herzen und jeder birgt ein Geheimnis. Also singen sie zusammen, schlafen ein bißchen, träumen ein bißchen, hängen der Vergangenheit nach und fallen plötzlich übereinander her, körperlich oder intellektuell. Mireille Mathieu spielt eine gewisse Rolle und der pompös häßliche Brüsseler Justizpalast, Urteile werden verkündet und aufgehoben, und ›wenn man bedenkt, daß es nur eine unbefleckte Empfängnis gegeben hat und alle anderen befleckt waren, dann kann man die Menschen ein bißchen besser verstehen.‹« (Theater heute)
Autor
Christoph Marthaler wurde 1951 in Erlenbach bei Zürich geboren. Er absolvierte ein Musikstudium und eine Ausbildung zum Pantomimen in Zürich ...