Inhalt
Kaum eine andere deutsche Künstlerin hat einen so legendären Status erreicht wie Paula Modersohn-Becker (1879-1907). Sie war eine der wenigen Frauen, denen es Ende des 19. Jahrhunderts überhaupt gelang gegen gesellschaftliche und institutionelle Widerstände eine professionelle künstlerische Ausbildung zu erhalten. Jenseits aller Schubladen verfolgte sie ihre eigene Idee von der Malerei und wählte ihre eigenen Bildthemen stets auf der Suche nach der großen Einfachheit der Form, die sie unter anderem in Gesichtern von Bäuerinnen und Kindern fand. Revolutionär sind vor allem ihre Selbstbildnisse: sie malte sich schwanger und schuf den ersten Selbstakt einer Frau in der europäischen Kunstgeschichte überhaupt. Zu Lebzeiten konnte sie nur drei Bilder verkaufen und starb viel zu früh, nach der Geburt ihrer Tochter - dennoch leuchtet sie bis heute als Visionärin der Moderne.
In einer sensiblen Montage von Originaltexten aus Briefen und Tagebüchern entstehen Spielszenen, die Paulas Leben über verschiedene Stationen nachzeichnen - im Spannungsfeld zwischen Worpsweder Künstlerkolonie und Pariser Avantgarde, zwischen familiärer Bindung und künstlerischer Selbstbehauptung, zwischen Liebe und Freiheit, Tradition und Aufbruch.
Die Fragen, die der Text stellt, heben den biografischen Stoff über das Historische hinaus:
Wie lässt sich künstlerische Freiheit mit gesellschaftlichen Erwartungen vereinbaren?
Wie kann sich eine Frau in einer männlich dominierten Kunstwelt behaupten, gar noch als Partnerin und Mutter?
"Ich werde noch etwas, ich werde jemand." Modersohn-Beckers berühmter Satz über ihr erwachendes künstlerisches Selbstbewusstsein könnte Leitmotiv dieses Stückes sein: eine Frau, die sich selbst entwirft – auf der Leinwand wie im Leben.
Autor
Dirk Böhling ist Schauspieler, Regisseur und Autor von Theaterstücken, Büchern und Hörspielen. Seit seiner Schauspielausbildung in Hamburg spielt er Rollen an verschiedenen Theatern sowie in diversen TV-und ...