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Nicht zum ersten Mal begegnen sich auf einer Bühne ein junger Mann, der etwas ausgefressen hat und ein alter, der Betreuung braucht. Aber bei diesen beiden erzählt das Leben eine bisher unerzählte Geschichte.

Hubert ist Rentner – einer von der verschrobenen Sorte. Seine muffige Ein-Zimmer-Wohnung teilt er mit 54 Flaschenschiffen und unterhält sich mit einem Stoffpapagei. Alex ist Anfang 20 und muss Sozialstunden ableisten. Er hat ein Motorboot geklaut und es bei der Spritztour gegen die Kaimauer gesetzt. Das Mädchen, dem er doch bloß imponieren wollte, sitzt seitdem im Rollstuhl. Alex findet den schrulligen Alten anfangs nur seltsam. Und der will sich auch nicht wirklich beim Putzen seiner Flaschenschiffe helfen lassen. Weil er die Dinge dank seiner (angeblichen) Disziplin und seines (herbeigelogenen) Verantwortungsgefühls noch immer alleine geschafft hat. Um die Bewährungsauflage zu erfüllen, beißt Alex aber die Zähne zusammen und schwingt in Huberts Wohnung den Staubsauger. Auch wenn’s Männlicheres gibt als das.

Unablässig schwadroniert der Alte über sein ehemaliges Matrosenleben und schwärmt besonders von der sagenhaften Insel Batang. Alex ist in einer Betonburg aufgewachsen, in der alle Anderen irgendwie Scheiße waren. Nach und nach findet er Gefallen an den farbenfrohen Geschichten von weißsandigen Stränden und halbnackten Eingeborenen-Frauen. Irgendwie könnte er auch an Hubert Gefallen finden, wenn der nur nicht immer wieder dasselbe Flaschenschiff von vorne putzen würde...

Huberts Macken werden immer verschrobener. Die Realität gleitet ihm aus den ohnehin schon tüddeligen Händen und in Alex‘ Kopf rotiert es: Ist dem Alten klar, dass Paul nur ein Stoffpapagei ist? War er je auf See? Gibt es dieses sagenhafte Batang überhaupt? Und ist das alles wirklich das Einzige, was jetzt, ein paar Monate nach dem Crash, in Alex’ Kopf pocht? Oder sind das Mädchen im Rollstuhl und die Begegnung mit Hubert nicht die einzigen Resultate seines selbst verschuldeten Unfalls?

Irgendwann kriegt Hubert die einfachsten Dinge des Alltags nicht mehr geregelt und Alex wird zweierlei klar: dass Hubert die letzte große Reise in seinem Leben längst angetreten hat und dass das, was hinter der eigenen Stirn pocht, auch der nahe Tod ist. Einmal noch, nur einmal möchte Hubert nach Batang. Und Alex muss mit. Will mit! Doch die Zeit wird immer knapper… Aber sie tun den ersten Schritt, den einen. Egal wie weit sie kommen.

In "Batang" hat Christian Gundlach die Erlebnisse mit seinem eigenen, demenzkranken Großvater verarbeitet. Unprätentiös, ohne Pathos, dafür hochemotional und in der Begegnung zweier Männer, die sich im Alter zwar unterscheiden, aber beide verhinderte „echte Kerle“ sind, spannt die Geschichte thematisch den Bogen um Themen wie Verantwortung, Liebe, Schuld und Altern. Man wird sich wiedererkennen: In den Geschichten und Träumen dieser beiden allzu menschlichen Jungs; in der Frage, wie man selber mit einer Erkrankung umgehen würde, die das Leben unversehens auf links dreht; in den Lebensgefühlen und –geschichten einer älter werdenden Gesellschaft. Und in der einen oder anderen Schrulligkeit hoffentlich auch.

Autoren und
Komponisten

Buch:
Edith Jeske

Bearbeitung:
Christian Gundlach