Inhalt
Weihnachten. Karl Bockmann liegt im Koma. Seine Frau Silvia sitzt seit drei Tagen auf der Intensivstation und wartet auf das Erwachen ihres Mannes. Doch ob er das tun wird oder ob gesundheitliche Schäden zurückbleiben werden – diese Fragen geistern als Schreckgespenster durch ihren Kopf. Am meisten aber erschreckt sie, als ihr klar wird, dass sie Angst hat, ihr Mann könne als genau der wieder aufwachen, der er in den zweiundreissig Jahren ihrer Ehe schon viel zu lange gewesen ist. Nicht, dass sie um seine Affairen und ihre auf der Strecke gebliebenen Bedürfnisse und Leidenschaften im Rahmen einer immer routinierter gewordenen Zweierbeziehung nicht gewusst hätte: die empfundene Distanz zu ihrem Mann ist grundsätzlich und schlagartig nicht mehr aushaltbar.
Der Weg zurück in einen Kompromiss wird durch das Auftauchen des merklich jüngeren Hans nicht eben leichter. Schon nach kürzester Zeit gesteht er der überrumpelten Silvia seine Liebe und plant eine gemeinsame und aufregende Zukunft voller Leidenschaft, Erotik und Sexualität. Also mit allem, was Silvia in ihrem Leben seit langer Zeit vermisst und sich aufgrund ihres hohen Alters nicht mehr eingestanden hat. Die Tatsache, dass Hans aufgrund eines Selbstmordversuches eingeliefert wurde und auch sonst in manchen Widerspruch verstrickt ist, führt auf Silvias Seite zu immer grösserer emotionaler Überforderung. Und ruft gleichzeitig nach Entscheidungen.
Mehr und mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Traum, Koma und Wachzustand. Es kommt zu Begegnungen mit anderen Menschen – vor allem Frauen – deren Sehnsüchte sich zu ähneln scheinen, auch wenn ihre Lebensmodelle komplett unterschiedlich sind. Wie somnambule Traumgestalten wandeln die Figuren über die Flure der Station und konfrontieren sich gegenseitig mit ihren Lebensträumen und -lügen. Bis es schließlich zur Aussprache zwischen Silvia und dem erwachten Karl kommt - doch ist Karl wirklich wach?
In Thomas Jonigks WEITER TRÄUMEN wird die Intensivstation zum Verhandlungsraum des Lebens; von unerfüllten Wünschen, lebendigen Sehnsüchten und verpassten Chancen. Und mit Silvia Bockmann hat der Autor eine Paraderolle für Schauspielerinnen im Alter von sechzig aufwärts geschrieben, die ihresgleichen sucht.
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Autor
Thomas Jonigk wurde 1966 in Eckernförde (Ostsee) in eine Arbeiterfamilie geboren, schaffte 1982 den Realschulabschluss und im gleichen Jahr den Sprung auf das Gymnasium.
Noch am Tag der ...